125 Jahre ÖPNV in Mönchengladbach

Im August 2006 konnte die Stadt Mönchengladbach auf eine 125jährige Geschichte des Öffentlichen Personen-Nahverkehrs (ÖPNV) zurückblicken. Seit die erste Pferdebahn zwischen Mönchengladbach und Rheydt am 02.08.1881 den Verkehr aufnahm, hat sich das Bild des ÖPNV in der Stadt mehrfach deutlich gewandelt. Es folgten Straßenbahnen, die ersten Omnibusse, die recht kurze Episode des Rheydter O-Busses und schließlich der reine Omnibusbetrieb, der sich heute als modernes Verkehrsmittel mit rund 200 städtischen Omnibussen präsentiert. Diese 125 Jahre andauernde Entwicklung wird im ersten Teil dieses Blickpunkts überblicksartig dargestellt.

Die Niederrheinische Versorgung und Verkehr AG (NVV), die heutzutage für den ÖPNV in Mönchengladbach verantwortlich ist, feierte das Jubiläum "125 Jahre ÖPNV" terminlich nahe zum historischen Datum am 12. und 13.08.2006 mit einer Ausstellung im Rahmen des Eine-Stadt-Festes an der Grenze zwischen Mönchengladbach und dem heutigen Stadtteil Rheydt. Neben der Präsentation historischer Omnibusse wurden auch eine Fotoausstellung sowie eine Sammlung historischer Gegenstände zum ÖPNV in Mönchengladbach geboten. Über die Jubiläumsfeierlichkeiten berichtet der zweite Abschnitt des Blickpunkts weiter unten.




125 Jahre ÖPNV-Geschichte im Überblick

von Sebastian Bosch

Pferdebahn und Straßenbahn
Am 02.08.1881 wurde mit der Eröffnung des ersten Teilstückes der Pferdebahn das Kapitel des ÖPNV in Mönchengladbach aufgeschlagen. Die gesamte 5,3 Kilometer lange Strecke vom Alten Markt in Mönchengladbach zur heutigen Limitenstraße in Rheydt ging im November in Betrieb. Mit der Jahrtausendwende kam die Umrüstung der auf 1435 Millimeter breiter Normalspur verkehrenden Pferdebahn zu einer mit 1000 Millimeter breiter Schmalspur ausgestatteten, elektrisch betriebenen Straßenbahn. Die erste Straßenbahn verkehrte am 15.02.1900 auf der Strecke Rheydt Kaiserbad - Mülfort. Nachdem es anfangs einen gemeinsamen Verkehrsbetrieb für die Städte Mönchengladbach und Rheydt gegeben hatte, wurde die Betriebsführung zum 01.10.1901 getrennt.

Das Straßenbahnnetz in Mönchengladbach wuchs innerstädtisch und auch regional bis 1909 unter anderem nach Burgwaldniel, Hardt und Rheindahlen. Dabei wurden 1906 und 1907 die Strecken von Mönchengladbach über Viersen nach Dülken und Süchteln in Betrieb genommen. Die größte Ausdehnung erreichte das Liniennetz 1912. In Rheydt wurde die Straßenbahn bis 1905 nach Giesenkirchen, Odenkirchen, Rheindahlen und Wickrath erweitert. Das Liniennetz der Rheydter Straßenbahn erfuhr nach dem Ausbau nach Wickrathberg ab 1907 seine größte Ausdehnung.

Wegen des Ersten Weltkrieges kam es ab 1916 zu Materialengpässen und damit zu großen Problemen bei der Instandhaltung der Fahrzeuge und Gleisanlagen. Mit Kriegsende 1918 wurde über Schiefbahn der Anschluss an das Krefelder Straßenbahnnetz geschaffen. Um Engpässe bei der Eisenbahn zu umgehen, kam zum Kohletransport zwischen Moers und Mönchengladbach die Straßenbahn zum Einsatz. Erst 1924 konnte in die Instandhaltung und Erneuerung des Schienennetzes investiert werden. Dabei kam es in Mönchengladbach auch zur Anschaffung von Neufahrzeugen.

Die ersten Omnibuslinien
Im Jahr 1924 wurde die Rheinische Kraftwagen-Betriebs-Gesellschaft (RKBG) gegründet, die ab Dezember Buslinien nach Wassenberg über Wegberg und ab 1925 weitere Linien unter anderem nach Düsseldorf und Roermond betrieb. Die Gesellschaft musste jedoch bereits 1930 wieder aufgelöst werden. Die ersten Buslinien in Rheydt verkehrten ab 1927 nach Schloss Rheydt und ab 1928 nach Schloss Dyck.

Am 01.09.1929 kam es zum Zusammenschluss der Städte und damit auch der Verkehrsbetriebe von Mönchengladbach und Rheydt. Schon Ende 1933 wurde Rheydt wieder eine eigenständige Stadt, die Trennung der Verkehrsbetriebe folgte jedoch erst mehrere Jahre später. Der Rheydter Verkehrsbetrieb beschaffte 1938 und 1940 Gebraucht- und Neufahrzeuge, bevor es dann während des Zweiten Weltkrieges zum Zusammenbruch der Straßenbahnnetze beider Städte kam.

Stadtwerke Rheydt 63 SWMG 21 Die erste Straßenbahn nach Kriegsende verkehrte am 07.08.1945 zwischen Lürrip und dem Elektrizitäts-Werk Voltastraße, einen Tag später fuhr auch in Rheydt wieder die erste Straßenbahn auf der Strecke Odenkirchen - Elektrizitäts-Werk Rheydt. Im Sommer 1946 waren die Liniennetze wieder durchgehend aufgebaut und dem Betrieb übergeben worden. Der Straßenbahnfuhrpark von Mönchengladbach erfuhr bis 1952 eine Erneuerung größtenteils mit Gebrauchtwagen, während in Rheydt 1949 und 1950 einige neue Straßenbahnen angeschafft wurden.

Der O-Bus in Rheydt
Am 18.05.1952 nahm in Rheydt der erste O-Bus den Betrieb auf. Bis Ende 1954 wurden die früheren Straßenbahnlinien 4 Rheindahlen - Rheydt - Giesenkirchen und 6 Bonnenbroich - Rheydt - Wickrathberg auf O-Busse umgestellt, um die hohen Kosten der Instandhaltung der Straßenbahnlinien zu umgehen. Ab 1955 kam es auch in Mönchengladbach zu ersten Umstellungen von Straßenbahnlinien auf Omnibusse. Der 1955 bis 1956 an der Rheinstraße neu errichtete Betriebshof wurde bereits als reines Busdepot geplant.

SWMG 39 SWMG 37 Am 31.01.1959 verkehrte die letzte Straßenbahn nach Odenkirchen. Weil Mönchengladbacher Straßenbahnen den Betrieb auf den Linien 1 und 2 nach Rheydt übernahmen, war das Zeitalter der Rheydter Straßenbahn zu Ende. 1957 und 1958 wurden in Mönchengladbach die letzten Neufahrzeuge für die verbliebenen Straßenbahnlinien beschafft. In den 60er Jahren wurden sukzessive weitere Linien vom Straßenbahn- auf Busbetrieb umgestellt, bis am 15.03.1969 schließlich auf der Linie 7 die letzte Straßenbahn in Mönchengladbach verkehrte.

Bereits ab 1957 kam es in Mönchengladbach zum Einsatz von Doppelstockbussen. Der Einsatz der vier Büssing/O&K U10 auf der Linie 23 zum Hauptquartier endete aber bereits 1967 wieder. Auch der O-Busbetrieb war nur kurze Zeit später zu Ende. Am 16.06.1973 verkehrte in Rheydt der letzte O-Bus.

Ein reiner Omnibusbetrieb
SWMG 107 Zum 01.01.1975 wurde aus Mönchengladbach und Rheydt erneut eine gemeinsame Stadt mit einem Verkehrsbetrieb. Ab 1980 konnten alle Fahrzeuge gemeinsam im ausgebauten Betriebshof an der Rheinstraße untergestellt werden. Für Aufsehen sorgte in den 70er Jahren der weltweit erste Einsatz von Bussen mit Batterie-Anhänger auf der Linie 9 nach Viersen. Dieser Versuch ging jedoch nach kurzer Zeit bereits wieder zu Ende. Zum 01.01.1980 wurde der Verkehrsbetrieb MöBus der Stadtwerke Mönchengladbach Mitglied im neu gegründeten Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und führte damit einhergehend den VRR-Tarif ein.

NVV 0407 Nach einem ersten Testfahrzeug Ende der 70er Jahre kam es im Jahr 1989 zur Beschaffung der ersten Niederflurbusse. Im Mai 1994 konnte die neue Umsteigeanlage am Rheydter Hauptbahnhof eingeweiht werden und etwa sechs Jahre später folgte am 19.08.2000 die neue Anlage in Mönchengladbach am Hauptbahnhof. Im März 1996 kam es erstmals zum Einsatz von Fahrern der Firma West-Bus, einem Gemeinschaftsunternehmen verschiedener Verkehrsbetriebe am mittleren Niederrhein. 1998 wurde die Niederrheinische Versorgung und Verkehr AG (NVV) gegründet und damit verbunden die neuen Farben weiß, grau und rot eingeführt, die das traditionelle beige und blau ablösten. Am 29.05.1998 verkehrten zum ersten Mal die sechs Linien des MöBus-NachtExpress. Im darauf folgenden Jahr führte die NVV das Satelliten-gestützte Rechnergesteuerte Beschleunigungs- und Betriebsleitsystem (RBBL) ein. Die Auswirkungen davon sind an den in den letzten Jahren eingerichteten Fahrgast-Informationssystemen an Haltestellen im Stadtgebiet und der Ampelvorrangschaltung der Linienbusse zu erkennen. Außerdem stattet MöBus seit 2003 die Neufahrzeuge mit modernen Fahrgast-Informationssystemen wie zum Beispiel automatischen Haltestellenansagen aus.

Ab 2001 führte die NVV SchnellBus-Linien zwischen Mönchengladbach, Rheydt und Wickrath, zwischen Rheydt und Giesenkirchen und zwischen Mönchengladbach, Rheydt und Erkelenz ein. Im Spätsommer 2006 wurden auf der Hindenburgstraße die letzten nicht modernisierten Haltestellen neu gestaltet und bis auf wenige Ausnahmen die letzten Hochflurbusse ausgemustert.




Jubiläumsfeierlichkeiten beim Eine-Stadt-Fest

von Manuel Bosch

Zeitlich und räumlich waren die Feierlichkeiten anlässlich des Jubiläums "125 Jahre ÖPNV" treffend geplant: Im Rahmen des "Eine-Stadt-Festes" am 12. und 13.08.2006 an der Grenze zwischen Mönchengladbach und Rheydt präsentierte die NVV eine umfangreiche Jubiläumsausstellung - nur wenige Tage nach dem 125. Jahrestag der Pferdebahn-Eröffnung im Jahre 1881 und zugleich nahe dem ursprünglichen Verlauf dieser ersten Schienenstrecke zwischen Mönchengladbach und Rheydt.

Ausstellung historischer Omnibusse
NVV 135 Auf besonderes Interesse auch bei den allgemein-interessierten Besuchern des Stadtfestes stießen die neun ausgestellten Omnibusse. Beachtenswerterweise hatte die Mehrzahl der acht historischen Fahrzeuge einen zumindest mittelbaren Bezug zur Geschichte des Mönchengladbacher Omnibusverkehrs - meist setzte der hiesige Verkehrsbetrieb Wagen des gleichen oder eines ähnlichen Typs ein. Ein Original-Schaustück aus Mönchengladbach leitete die Fahrzeugparade auf dem unteren Teil der Breite Straße ein: Der MAN 750 HO-SL mit der Wagennummer 135, der von der NVV heutzutage als historischer Omnibus für Veranstaltungszwecke unterhalten wird, wurde als erstes Fahrzeug seiner Bauart im Jahre 1969 nach Mönchengladbach geliefert. Ihm folgten viele weitere Exemplare dieser Bauart sowie der weiterentwickelten Standard I-Generation, die erst im Jahre 1985 durch die Nachfolgegeneration der Standard II-Busse abgelöst wurde.

Düsseldorf 9063 Einen engen Bezug zu Mönchengladbach hat auch der Wagen 9063 der Düsseldorfer Rheinbahn. Neben Mönchengladbach verkehrten auch in Düsseldorf ab Mitte der 1970er Jahre Elektrobusse des Typs MAN SL-E mit einem Batterieanhänger mit elektrischer Ausrüstung von Bosch/Varta, die typgleich zu den zuvor nach Mönchengladbach gelieferten Exemplaren waren. Während letztere Fahrzeuge nach Ende des Versuchsbetriebs auf der Linie 9 nach Düsseldorf abgegeben wurden, erhielt die Rheinbahn im Jahre 2000 einen ihrer Wagen des Baujahres 1975 zur musealen Erhaltung zurück. Somit konnte diese international beachtete Episode des Mönchengladbacher Busverkehrs auf der Jubiläumsausstellung in besonderem Maße gewürdigt werden.

Remscheid RS-VL 142 Remscheid RS-VK 79H Aus Remscheid waren zwei Museumsbusse angereist. Dabei handelte es sich zum Einen um den Henschel HS 160 USL-G, einen Gelenkbus mit der Wagennummer 79 aus dem Jahre 1960, sowie zum Anderen um einen MAN 750 HO M11 Metrobus mit der Zulassung RS-VL 142 des Baujahres 1970, der typgleich auch in Mönchengladbach verkehrte. Beide Wagen präsentieren sich im Originalzustand der Stadtwerke Remscheid und vermitteln eindrucksvoll die vorherrschende Formgebung ihrer jeweiligen Entstehungszeit.

Düsseldorf 8927 Adorf D-0470 Einen Omnibus-Anhängerzug steuerte die Firma Adorf aus Düsseldorf bei. Dieses rot-weiß lackierte Gespann besteht aus einem Magirus-Deutz 3500 sowie einem passenden Personenanhänger aus den 1950er Jahren. Damit wurde an die in Mönchengladbach zu dieser Zeit ebenfalls eingesetzten Busanhänger sowie Magirus-Omnibusse erinnert. Seinen ersten größeren öffentlichen Auftritt hatte ein weiterer Museumsbus der Rheinbahn aus Düsseldorf: Für ein dreiachsiges Büssing-Fahrgestell aus dem Jahre 1929 wurde ein historischer Aufbau gefertigt, wie er in den 1920er Jahren in Düsseldorf im Einsatz stand. Als Wagen 8927 steht das Fahrzeug heutzutage für Sonderfahrten zur Verfügung. Die Rheinische Kraftwagen-Betriebs-Gesellschaft, die Mitte der 1920er Jahre die ersten Buslinien von Mönchengladbach aus einrichtete, setzte ähnliche Omnibusse von Büssing ein.

Lichter NE-HL 6263 west HS-KW 111 Zwei weitere Oldtimer rundeten die historische Ausstellung ab: Von der benachbarten WestEnergie und Verkehr GmbH & Co. KG in Erkelenz war ein Mercedes-Benz O 3500 aus dem Jahre 1953 angereist, und ein Setra S 6 mit Dachrandverglasung von "Lichter-Reisen" des gleichnamigen Fernsehkochs vertrat den Ulmer Omnibusbauer in Mönchengladbach. Den neunten präsentierten Omnibus stellte der Wagen 0503 der NVV dar - dieser EvoBus MB O 530 (Citaro) der zum Ausstellungszeitpunkt jüngsten Fahrzeugserie in Mönchengladbach war im Vorfeld mit einer Vollwerbung für das Jubiläum versehen worden.

Fotowand und historische Gegenstände
Neben der Fahrzeugparade wurde im "MöBus-Zelt" bei der Hauptbühne auf der Brucknerallee eine umfangreiche Ausstellung von Gegenständen rund um die 125jährige ÖPNV-Geschichte geboten. Schwerpunkte lagen bei Fahrscheinen und Entwertern aus verschiedenen Epochen, Fahrplänen sowie Modellomnibussen. Eine informativ gestaltete Schauwand zeigte einen bunten Querschnitt an Fotos von Straßenbahn, O-Bus umd Omnibus bis in die heutige Zeit. Auf zwei großen Bildschirmen wurde zudem ein neuer Imagefilm des Verkehrsbetriebs abgespielt, der längere Sequenzen mit historischen Aufnahmen sowie eine Vielzahl aktueller Szenen enthält.

Modellomnibus Am Sonntag bot die NVV eine große Bühnenshow, die eine Zeitreise in 125 Jahre Geschichte von ÖPNV, Mode und Hits darstellte. Pünktlich zu den Feierlichkeiten erschien ein lesenswertes Buch über die Mönchengladbacher ÖPNV-Historie mit dem Titel "Linien und Verbindungen" sowie ein Modellomnibus des Herstellers Kembel im Maßstab 1:87 (Spur H0). Bei letzterem handelt es sich um die Nachbildung des Wagen 0415, eines EvoBus MB O 530 (Citaro) mit Vollwerbung für den Fußballverein Borussia Mönchengladbach. Das Buch ist zum Preis von EUR 6,- und der Modellbus für EUR 17,- noch in den Kundenzentren der NVV erhältlich.

Abseits der Feierlichkeiten wurde eine weitere Erinnerung an die 125jährige ÖPNV-Geschichte Mönchengladbachs festgehalten: Im Eingangsbereich der Hauptverwaltung der NVV an der Odenkirchener Straße in Rheydt ließ das Unternehmen ein Schienenstück inklusive Pflasterung verlegen, das vom ehemaligen Gütergleis der Rheydter Straßenbahn an der Mülforter Straße stammt. Der nunmehrige Standort entspricht dem historischen Schienenverlauf zum Rheydter Straßenbahndepot an der Elektrizitätsstraße, in dem bis 1959 Straßenbahnen und ab 1952 auch O-Busse untergebracht waren. Mit dem Denkmal soll an aufmerksamkeitsstarker Stelle an die Epoche der Straßenbahn erinnert werden.